Obwohl sowohl Art als auch Schwere der Symptome bei Patienten mit Multipler Sklerose individuell verschieden sind, gibt es doch Gemeinsamkeiten, wie sich die Krankheit entwickelt. Gemäß Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) werden drei Verlaufsformen und eine Vorstufe kategorisiert.
Bei mehr als 80 Prozent der Betroffenen ist anfangs ein schubförmiger Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose zu beobachten. Zu den ersten Symptomen zählen Sensibilitätsstörungen, Gefühlsstörungen in den Beinen mit Gangproblemen sowie eine einseitige Entzündung der Sehnerven. Schubförmig bedeutet, dass die Symptome mehr als 24 Stunden andauern und nicht durch andere Auslösefaktoren erklärt werden können.
In der Klassifikation der Leitlinie wird darauf verwiesen, dass ein Krankheitsschub bei den meisten MS-Patienten in der Regel vier bis sechs Wochen dauert. Nach diesem Zeitraum bilden sich die Beschwerden teilweise oder vollständig zurück, Ärzte sprechen dann von einer kompletten bzw. inkompletten Remission. Patienten sind meist bis zum nächsten Schub beschwerdefrei, ohne unter Lähmungen oder einer Spastik leiden zu müssen. Bei Symptomen, die mehr als sechs Monate bestehen bleiben, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Normalisierung trotz Behandlung auf unter fünf Prozent.
Ein primär progredienter Verlauf bedeutet, dass die Krankheit von Beginn an mit neurologischen Symptomen voranschreitet, ohne dass einzelne Schübe abzugrenzen sind. Vom erhöhten Risiko dieser Form von MS sind etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten betroffen. Die PPMS kann typischerweise zu spastischen Gangstörungen führen. Dieser Verlauf der MS Erkrankung betrifft häufig Patienten mit einem relativ späten Krankheitsbeginn ab dem 40. Lebensjahr.
Gemäß der Leitlinie entwickeln etwa 50 Prozent der Patienten mit schubförmiger MS nach durchschnittlich zehn Jahren eine sekundär progrediente Multiple Sklerose. Bei diesem MS Verlauf treten also zunächst Schübe auf. Die neurologischen Beeinträchtigungen nehmen im Laufe der Erkrankung stetig zu, wobei sich die Anzahl oft verringert. Typisch für die SPMS ist, dass die Schübe schließlich ganz ausbleiben, die Behinderung durch die Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft, jedoch voranschreitet.
Das krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose gibt ebenfalls einen Überblick über die verschiedenen Verlaufsformen mit bildlicher Darstellung.
Beim klinisch isolierten Syndrom kann es sich um das Anfangsstadium von Multipler Sklerose handeln. Bezeichnend ist, dass bestimmte MS-typische Frühsymptome auftreten, sich allerdings auf einen bestimmten neurologischen Bereich beziehen. Das klinisch isolierte Syndrom ist oft die Vorstufe einer chronischen MS Erkrankung, die solange besteht, bis die Krankheit anhand weiterer Kriterien bewiesen ist.
Die Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ weist besonders in Fällen des klinisch isolierten Syndroms auf die Einbeziehung der McDonald-Kriterien zur Diagnose hin. Generell kann die Diagnose erst nach einer räumlichen und zeitlichen Streuung der Symptome erfolgen.
Sabrina Mandel