Bereits 1890 wurde eine Besonderheit von Multipler Sklerose entdeckt: Der Augenarzt Wilhelm Uhthoff erkannte schon damals, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang von schubähnlichen Symptomen der Multiplen Sklerose und der Körper- bzw. Außentemperatur gibt.
Die heute als Uhthoff-Phänomen bezeichnete Symptomatik definiert einen Zustand sogenannter Pseudoschübe bei Hitze. Das bedeutet: Bei Fieber, sportlicher Anstrengung oder starker Hitze von außen, die zum Anstieg der Körpertemperatur führt, zeigen sich bei MS-Patienten dieselben Symptome, die von Schüben bekannt sind. Die Symptome sind allerdings weder gefährlich, noch geben sie Aufschluss über eine Verschlechterung des Krankheitsbildes.
Etwa 80 Prozent der MS-Patienten sind im Laufe ihrer Erkrankung vom Uhthoff-Phänomen betroffen. Häufig betrifft das Uhthoff-Phänomen die Sehfähigkeit. Die neurologischen Ausfälle treten bei erhöhter Körpertemperatur auf, weil die elektrischen Prozesse bei Wärme schneller ablaufen als bei kälteren Temperaturen. Die demyeliniesten Nervenfasern können die elektrischen Impulse bei erhöhter Temperatur schlechter weiterleiten, als es ohnehin durch die Schädigung der Fall ist.
Es kommt zudem häufiger zu Berührungspunkten zwischen den freiliegenden Axonen, was eine Art Kurzschluss hervorruft, der zu Symptomen wie Zittern und Spastik, aber vor allem Fatigue führen. Wird die Temperatur wieder auf ein Normalmaß gebracht, regulieren sich auch die Symptome.
Sabrina Mandel