Eine Multiple Sklerose Diagnose ist nicht zuletzt wegen der vielseitigen Ausprägungen und Anzeichen der Krankheit häufig ein langwieriger Prozess. Bei manchen Patienten erfolgen vom Beginn eines frühen Verdachts bei ersten Symptomen bis zur schlussendlichen Feststellung meistens viele körperliche Untersuchungen, um wirklich die Diagnostik Multiple Sklerose klar und sicher stellen zu können.
Zur Bestimmung der Erkrankung durch einen Arzt gehören laut Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ neben der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und der eindeutigen Feststellung neurologischer Ausfälle auch die Feststellung der Schubcharakteristik. Besonders entscheidend für die Diagnose Multipler Sklerose ist der Ausschluss aller anderen Krankheiten, die bis zu einem gewissen Grad ähnliche klinische Symptome sowie Beschwerden wie beispielsweise Schmerzen, Sehstörungen, eine Spastik bis hin zu einer schweren Behinderung hervorrufen könnten.
Die Durchführung einer Blutuntersuchung kann helfen, die Ursache von schubförmigen Beschwerden sowie das Auftreten der Krankheit im zentralen Nervensystem verstehen und greifen zu können. Denn bis heute ist kein spezifischer Blutwert bekannt, der eindeutig auf eine aktive Multiple Sklerose hinweisen könnte. Auch gewisse Entzündungswerte im Blut, die durch die Anzahl der weißen Blutkörperchen bestimmt werden können, lassen keinen Aufschluss zur Diagnose zu.
In der Leitlinie zum Thema „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ verweist die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) jedoch darauf, dass zum Ausschluss anderer Erkrankungen (Differenzialdiagnose) Blutuntersuchungen weiterhin durchgeführt werden sollen.
Eine zentrale Rolle beim Erkennen von MS spielt die Liquordiagnostik, also die Untersuchung von Nervenwasser. Dabei wird zwischen dem zweiten und fünften Lendenwirbel des Patienten eine dünne Hohlnadel eingeführt und eine geringe Menge Nervenwasser, medizinisch Liquor cerebrospinalis genannt, entnommen. Das Verfahren der Entnahme des Nervenwassers selbst heißt Lumbalpunktion.
Bei MS-Patienten sind in der Regel einerseits bestimmte Entzündungswerte erhöht oder gar hoch, andererseits weist eine vermehrte Anzahl gewisser Eiweißverbindungen auf die Erkrankung hin. Die Liquordiagnostik gibt bei 95 Prozent der Patienten erste Erkenntnisse zum Vorliegen der Erkrankung.
Die Magnetresonanztomografie (MRT) oder auch Kernspintomografie gehört zu den bildgebenden Verfahren, um MS zu erkennen. Hierbei werden Magnetfelder genutzt, um schichtweise das Gehirn bildlich darzustellen. Bei Verdacht auf Multiple Sklerose erfolgt die Magnetresonanztomografie meist auch für die Darstellung des Rückenmarks.
Anhand der Aufzeichnungen der Magnetresonanztomografie können veränderte Gewebestrukturen erkannt werden. Mittels Kontrastmittel besteht die Möglichkeit, akute Entzündungsherde sichtbar zu machen, die möglicherweise einen MS Schub auslösen können. Die Magnetresonanztomografie ist laut Deutscher Gesellschaft für Neurologie auch zur Kontrolle therapeutischer Maßnahmen bei Multipler Sklerose geeignet.
Zur Diagnose der Multiplen Sklerose sollen dreierlei Varianten der Forschung, und zwar der sogenannten evozierten Potenziale überprüft werden: die visuellen, die akustischen und die somasensorischen.
Generell werden evozierte Potenziale ähnlich wie bei der Elektroenzephalografie (EEG) über Elektroden gemessen, die am Kopf angebracht sind. Jede elektrische Aktivität von Nerven- oder Muskelfasern zeigt sich in Form von Ausschlägen in einer Messkurve. Diese Ausschläge bezeichnet man als Potenzial. Bestimmte Reizaufnahmen durch die Nervenfasern an Haut, Ohren oder Augen lassen im Gehirn elektrische Impulse entstehen, die evozierten Potenziale.
Zur Überprüfung der visuell evozierten Potenziale schaut der Patient auf einen Bildschirm, auf dem ein Schachbrett dargestellt ist. Das Schachbrettmuster wechselt nach bestimmten zeitlichen Abständen seine Farben – weiße Felder werden schwarz, schwarze Felder werden weiß. Die Stimulation kann für beide Augen gleichzeitig oder nur einseitig erfolgen. Die Messkurve dient der Feststellung der Schädigungen im Bereich Sehnerv und Sehbahn, die zu Sehstörungen bei den Patienten führen können.
Für die Beurteilung der akustisch evozierten Potenziale hört der Patient über einen Kopfhörer verschiedene akustische Reize. Die Messdaten können Aufschluss über Schädigungen der Hörbahn geben, angefangen von Hörschnecke, Hörnerv, Hirnstamm, Mittelhirn bis hin zum Hörkortex.
Bei dieser Methode zur Diagnose Multipler Sklerose wird eine Stimulationselektrode in der Nähe einer sensiblen Nervenbahn positioniert, eine weitere Messelektrode direkt an der Kopfhaut. Dieses Verfahren ermöglicht eine Beurteilung der Leitfähigkeit von peripheren Nerven bzw. Sensibilitätsstörungen. Dazu wird die Zeit gemessen, die der Reiz der Stimulationselektrode benötigt, um als Impuls im Gehirn anzukommen. Vor allem Schädigungen im Bereich des Rückenmarks, Gefühls- und Empfindungsstörungen sowie motorische Einschränkungen und Behinderungen können mit diesem Verfahren nachgewiesen werden.
Gemäß der Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose“ soll die Diagnose der Multiplen Sklerose nach den standardisierten McDonald-Kriterien erfolgen. Die McDonald-Kriterien definieren zusätzlich zu den klinischen Befunden bestimmte Parameter, die die Diagnosestellung erleichtern und beschleunigen sollen. Eine tabellarische Übersicht der McDonald-Kriterien ist zum Beispiel bei der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft zu finden.
Soll die Krankheit multiple sclerosis erkannt und richtig diagnostiziert werden, sollte bei einer neurologischen Untersuchung darauf geachtet werden, dass andere mögliche Erkrankungen, die ähnliche die Gesundheit beeinträchtigenden Symptome hervorrufen können, ausgeschlossen werden konnten.
Sabrina Mandel